Sperberauge

Vetorecht Nein, Mitsprache Ja

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Das Vetorecht von Nestlé beim Anstellen gesponserter Professoren sei «unzulässig», Mitsprache aber «legitim».

Es sind zehn Tage verstrichen, bis der Präsident des ETH-(Aufsichts-) Rats, Fritz Schiesser, das Vetorecht von Nestlé bei der Anstellung von zwei Professoren an der ETH Lausanne (EPFL) öffentlich kritisiert. Die WoZ hatte den Vertrag zwischen der EPFL und der Nestlé-Tochter Nestec am 7. Mai publik gemacht. Man darf davon ausgehen, dass sich Schiesser schon lange über das Vetorecht Nestlés kundig gemacht, dieses jedoch nicht öffentlich beanstadete. Falls der frühere FDP-Ständerat und heutige Stiftungsrat der «Avenir Suisse» Schiesser* den Vertrag nicht zur Einsicht verlangte, hat er seine Aufsichts-Pflicht sträflich verletzt.
Wie SRF online am Freitag berichtet, stört sich der ETH-Ratspräsident lediglich am Vetorecht, das er als «seiner Auffassung nach nicht zulässig» bezeichnete.
Dagegen sei gegen eine Mitsprache von Nestlé bei der Wahl von Professoren nichts einzuwenden. SRF online zitiert Schiesser wie folgt: «Dass Sponsoren ein Mitspracherecht geniessen, finde ich absolut legitim. Wer zahlt, will auch mitreden können.» Lediglich der eigentliche «Entscheid» über die Besetzung einer Professur müsse «alleine und ausschliesslich» bei der ETH liegen.
Nichts einzuwenden hat die ETH-Aufsicht auch, wenn ein Gremium, in dem Nestlé die Hälfte der Mitglieder bestimmt, über die Verwendung von Forschungsgeldern entscheidet, die Nestlé zur Verfügung stellt.
Siehe: «Medien schweigen ETH-Skandal weitgehend tot», Infosperber 16. Mai 2014.

*Aus der ETH-Webseite:
Fritz Schiesser ist seit 1998 Anwalt und Notar im Kanton Glarus. Von 2003 bis 2004 war er FDP-Ständeratspräsident. Fritz Schiesser ist Stiftungs- bzw. Verwaltungsrat der Sandoz-Familienstiftung, der Proto Chemicals, der Schweizerischen Mobiliar und der Hefti AG. Seit 2009 ist er Mitglied im Stiftungsrat des Think Tanks Avenir Suisse.

NACHTRAG
Podiumsdiskussion in Basel: «UNIVERSITÄTEN ALS PARTNER ODER SPIELBALL DER WIRTSCHAFT?» im Rahmen des «Bildrausch Filmfestival Basel» mit der Dokfilm-Première «At Berkeley», ein Film, der sich mit dieser Thematik befasst:
Sonntag, 1. Juni 2014, 17.00 Uhr, Literaturhaus Basel, Eintritt frei.
Teilnehmende: Antonio Loprieno, Rektor der Universität Basel und Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten; Matthias Daum, Journalist «Die Zeit»; Ursula Pia Jauch, Professorin für Philosophie und Kulturgeschichte an der Universität Zürich und Initiantin des «Zürcher Appells»; Susan M. Gasser, Professorin in Molekularbiologie und Direktorin des Friedrich Mieschers Instituts, Basel.


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