SRF TV macht FIFA-Propaganda nicht transparent
Der Sportchef des Schweizer Fernsehens, Urs Leutert, spricht Klartext: «Der Trend zur totalen Kontrolle (der FIFA und der Fussballverbände. Red) ist an einem problematischen Punkt angelangt». Bisher hätten die Verbände Technik und Aufnahmen in eigener Verantwortung hergestellt. Neustens «wollen diese mächtigen Verbände immer mehr auch die Inhalte bestimmen», sagte Leutert in einem Interview mit der Aargauer Zeitung.
«Mit eigenem Touch veredeln»
Bei der WM in Brasilien seien «die Regeln sehr restriktiv». Die Aufnahmen vieler Sendungen seien Material der FIFA. Dies sei der «Trend in der Weltsportart Fussball». Das Schweizer Fernsehen könne nur «versuchen, das Rohmaterial mit unserem eigenen Touch zu veredeln».
FIFA-WM Preview
Die täglichen Sendungen «FIFA WM-Preview» um circa 13.10 auf SRF 2 sind aus PR-Material der Fifa zusammengestellt. «Das Magazin kommt von der FIFA und wird von SRF aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt», die Medienstelle der SRF-Sportabteilung. Das Magazin enthält praktisch ausschliesslich Tourismus-PR für Brasilien und ein Hochjubeln der FIFA-WM. Die Sendung führt in verschiedene Gegenden Brasiliens, stets mit den schönsten Stränden und Attraktionen. Die FIFA interviewt Leute von der Strasse, die sich von der WM ausnahmslos begeistert zeigen. Diese «Zeugen» dürfen versichern, dass es nicht so sei «wie die Medien über Brasilien geschrieben haben». Das Leben sei toll, die neuen Stadien absolut super und die Freude riesengross. Der Fussball verbinde und vereine die Völker.
Kurze Reportagen zeigen, wie Natur geschützt wird. Favelas (Armenviertel) gebe es zwar, aber es werde alles besser. Mit Vorzeige-Beispielen wird dies «belegt».
Intransparenz verletzt die Fernseh-Konzession
Erstens: Zuerst fragt man sich, ob das Schweizer Fernsehen diese PR-Beiträge überhaupt ausstrahlen soll. «SRF bezahlt (an die FIFA Red.) nicht mehr oder weniger, wenn sie gesendet werden oder nicht», erklärt die SRF-Medienstelle. Das Preview-Magazin gehöre zum «Package». Ob das ein Grund ist, das Magazin auszustrahlen?
Sportchef Urs Leutert: «Wir versuchen, das FIFA-Rohmaterial mit eigenem Touch zu veredeln»
Zweitens: Wenn SRF diese PR-Beiträge ausstrahlt, ist das Fernsehen verpflichtet, wenigstens Quelle und Herkunft der Bilder und Interviews klar transparent zu machen. Das verlangt die Konzession.
Hier sündigt das Fernsehen gewaltig. Von A bis Z keine Einblender, die das fremde Bildmaterial als solches kennzeichnen würden. Im Kommentar wird von «unserer Reise durch Brasilien» gesprochen. Oder «wir reisen jetzt in den Nordosten von Brasilien». Unter «wir» verstehen aber die meisten Zuschauenden «Schweizer Fernsehen» und nicht «FIFA».
Infosperber wollte wissen, was die Abteilung Sport des Schweizer Fernsehens zur Kritik sagt, dass «für die Zuschauer nicht genügend klar gemacht wird, dass es sich um Material der FIFA handelt?». Die SRF-Medienstelle liess die Frage unbeantwortet, faselte lediglich etwas vom «Nutzen der trimedialen Verwendung» (siehe vollständige Antwort unten).
Schämt sich die Sportabteilung etwa doch für die Ausstrahlung und möchte deshalb gegenüber den Zuschauerinnen und Zuschauern verschweigen, dass sie ihnen fast reines PR-Material vom Weltunternehmen FIFA vorsetzt?
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PS Nicht transparent ist auch, ob die Fifa das Fernsehen dazu zwingt, statt von der WM oder der Weltmeisterschaft ständig von FIFA-WM oder FIFA-Weltmeisterschaft zu reden. Es gibt zur Zeit keine andere WM, also ist die FIFA-Werbung journalistisch völlig unnötig.
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Frage an die Sportabteilung und Antwort des SRF:
Frage von Infosperber: «Was sagt die Sportabteilung des SRF zur Kritik, dass für die Zuschauer nicht genügend klar gemacht wird, dass es sich um Material der Fifa handelt?»
Vollständige Antwort von Caroline Kalberer, Mediensprecherin Sport, im Namen von Stefan Wyss, «Media Relations SRF»:
«Der Entscheid die Preview zu bringen, wurde – wie dies bei allen andern Sportsendungen auch der Fall ist – diskutiert und abgesegnet. Der Hauptnutzen liegt in der trimedialen Verwendung der Inhalte. Ein weiterer Nutzen liegt darin, dass die Zuschauer, die nicht ausharren, um die 24.00-Spiele live zu sehen, um 13.10 in einer Kurzversion mitbekommen, was in den Nachtspielen geschah und nicht bis 17.30 warten müssen.»
Im Klartext: Keine Antwort auf die Frage von Infosperber.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Dieser Beitrag unterstützt mich in der Ansicht, dass dieser «Spitzenfussball» mit Sport nur noch sehr wenig zu tun hat. Das Ganze ist wahrscheinlich eher nur noch eine «Geldmaschinerie» und das Fernsehen kriecht da irgendwie mit.