Kommentar
Spionage-Skandal: Die UBS-Hintermänner
Die ganze Schweiz schaut im Spionage-Thriller um Daniel M. auf Bern und die Politik. Doch die wahren Strippenzieher sitzen an der Zürcher Bahnhofstrasse.
Im Hauptsitz der grössten Bank des Landes, der UBS. Dort geben drei Chefs den Ton an, wenn es um verdeckte Operationen, Einschüchterungen von Mitarbeitern und Bespitzelungen geht. Zwei davon waren die Vorgesetzten von Daniel M., der seit einer Woche in deutscher U-Haft steckt, weil er auf deutschem Territorium für die Schweiz spioniert haben soll. Der Dritte im Bund brachte M. zur Strecke.
Mit dem Fall Daniel M. erhalten Machenschaften neue Aufmerksamkeit, welche Insider längst kennen und kritisieren. Nämlich: Die UBS hat eine sammelwütige Sicherheitstruppe, die Grenzen ritzt.
Nun wird es eng für die obersten Köpfe. Denn sie können sich wegen dem immer grösseren Skandal rund um das Ausspionieren von deutschen Steuerfahndern durch Daniel M. nicht mehr im Hintergrund verstecken. Der erste UBS-Kopf, um den es geht, ist Christoph «Chris» Zumstein. Zumstein war lange oberster Sicherheitschef bei der Credit Suisse, bis er im 2010 zur damals schlingernden UBS wechselte. Er war einer von vielen, die von der CS zur UBS hinübersprangen. Dort hatte Ex-CS-Spitzenmann Oswald Grübel und sein Stellvertreter Ulrich Körner, ebenfalls ein CS-Gewächs, die Operation «Save UBS» gestartet.
Zumstein ist Jurist und Harley-Freak. Er sammelt Oldtimer-Motorräder der US-Marke und ist kaum spürbar, sondern lässt seine scharfen Jäger machen. Selbstverständlich ist Zumstein, der wie sein Oberchef Sergio Ermotti im steuergünstigen Zug lebt, über alles Brisante im Bild.
Für die Arbeit im gefährlichen Feld ist bei der UBS Thomas Schwyzer zuständig. Schwyzer war ein hoher Chef bei der Zürcher Stadtpolizei, bevor er vor bald 20 Jahren zur UBS wechselte. Dort übernahm Schwyzer das Kommando für alles, was mit geheimen Operationen zusammenhing. Das beginnt bei der Überwachung von Kundenbetreuern und endet beim Personenschutz für die obersten Chefs.
Schwyzer holte viele Kollegen von der Polizei zur UBS. Daniel M. war wie Schwyzer ebenfalls ein Ex-Stadtpolizist. Im Laden von Schwyzer blühte M. auf. Die Welt des verdeckten Ermittelns war sein Eldorado. Erst mit dem Einzug der CS-Truppe ganz oben änderte sich die Lage für Daniel M.
Nun geriet er aufs Abstellgleis. Er verliess die UBS. Doch nicht voll. M. arbeitete weiter als privater Ermittler. Indirekt auch für die UBS, wie der Tages-Anzeiger am 5. Mai berichtete. 2013 observierte die UBS einen eigenen Mann, den sie im Verdacht hatte, den Deutschen zu helfen bei deren Jagd auf deutsche Steuersünder. Dieser Ex-UBS-Banker kommt nun vor Gericht. Daniel M., der Ex-Ermittler in den Reihen der UBS, half seiner ehemaligen Arbeitgeberin bei der Überwachung des Bankers.
Zum unkalkulierbaren Risiko geworden?
Aber die UBS und die involvierten Berner Behörden waren nicht zufrieden. Oder es passierte sonst etwas. Daniel M. könnte Forderungen gestellt haben an die Adresse der UBS. Vielleicht wurde es den Sicherheits-Chefs der UBS plötzlich zu heiss. Was sie tun, ist oft hart an der roten Linie oder schon darüber – so muss man jedenfalls annehmen. Sie beschäftigen Leute, die spionieren. Wenn solcherlei in Deutschland geschieht und die UBS als Auftraggeberin auffliegt, dann ist der Skandal perfekt.
Vielleicht ist das der Hintergrund der heutigen Riesenaffäre. Daniel M. wurde für die UBS und ihre Geheimdienstleute weit oben in der Hierarchie zum unkalkulierbaren Risiko.
UBS-Mann schwärzt Daniel M. bei der Bundesanwaltschaft an
An dieser Stelle kommt der Spitzenjurist der UBS ins Spiel. Er heisst Oliver Bartholet und beginnt im Jahr 2014, Ex-UBS-Ermittler Daniel M. bei der Bundesanwaltschaft anzuschwärzen. Bartholet händigt den Schweizer Strafbehörden immer wieder neue Dokumente aus, ohne jedoch Strafanzeige zu erstatten.
Gegen Ende 2014 kommt es dann zum Deal zwischen UBS-Jurist Bartholet und dem zuständigen Bundesanwalt. Der Plan lautet: Bartholet macht offiziell Strafanzeige gegen Daniel M., damit die Bundesanwaltschaft zuschlagen kann. Gesagt, getan. Bartholet schickte zusammen mit der Strafanzeige das ganze Dossier mit verdächtigendem Inhalt gegen Daniel M. der Strafbehörde des Bundes nach Bern. Kurz darauf nahm die Bundesanwaltschaft Daniel M. in flagranti auf dem Zürcher Paradeplatz fest.
Später geschah Eigenartiges. Daniel M. hatte gar keine echten gestohlenen Daten gehabt, wie von der UBS vermutet und wie von Bern ihm vorgeworfen. Vielmehr wurde er auf Basis von untauglichem Material belastet. In den Verhören sagte Daniel M. aus, dass er seit Jahren für den Schweizer Geheimdienst aktiv sei. Diese Information ist nach Deutschland gedrungen, sie ist auch der Grund, warum Daniel M. nun im Knast sitzt und bis zu 5 Jahren Gefängnis erhalten könnte.
Warum lieferte die UBS und ihr Spitzenjurist Oliver Bartholet, der immer bei schwierigen Missionen ins Spiel kommt, ihren Ex-Sicherheitsmann Daniel M. den Behörden ans Messer? Und das erst noch mit Fälschungen? Was hatte die UBS-Spitze um die Zeit von 2010 herum und danach für Interessen?
Naheliegend wäre, dass die Grossbank unbedingt herausfinden wollte, wer von ihren Angestellten den Deutschen heisse deutsche Steuerhinterzieher mit Konten bei der Grossbank verraten würde. Hat die UBS-Führung unter dem Kommando ihrer drei Geheimdienstler darauf ihren Ex-Kollegen Daniel M. angestiftet, in Deutschland aktiv zu werden? Und später den gleichen Mann «unschädlich» gemacht mit der Anzeige in Bern?
Damit ja keine Spuren zur Bahnhofstrasse führen?
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Dieser Bericht erschien am 5. Mai 2017 zuerst auf «Inside Paradeplatz».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig betreibt die Webseite «Inside Paradeplatz».
Einmal mehr muss man sich bei dieser Spionageaktion des Nachrichtendienstes der Schweiz in Deutschland fragen: Wer regiert die Schweiz. Ist es das Volk, der Bundesrat? Sind es Gesetze oder sind es andere Kreise die die Strippen ziehen? Ist der Bundesrat in dieser Spionage-Affäre die Marionette von anderen Leuten die ihre Interessen durchsetzen wollen? Dass deutsche Steuerhinterzieher ihren Staat betrügen liegt nicht im Interesse von uns Schweizern. In den USA werden Kreise die im Verborgenen bestimmenden Einfluss auf die Regierung nehmen als «tiefer Staat» bezeichnet.
Auch in anderen Sektoren wird in der Schweiz in der Schweiz auf Entscheidungen Einfluss genommen, nicht einmal im Verborgenen: Seit Jahrzehnten ist es in der Schweiz verboten an Staaten Kriegsmaterial zu liefern» wenn das Bestimmungsland in einem internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist»; Trotzdem werden seit Jahrzehnten Rüstungsgüter an Staaten geliefert die Kriege führen, an Nato Staaten, an Diktaturen im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und in Lateinamerika. Die Nationalbank, Grossbanken und unsere Pensionskassen investieren in ausländische Konzerne die Kriegsmaterial herstellen, die sogar verbotene Waffen, wie Atombomben, Streubomben und Antipersonenminen herstellen. Der Einfluss der Kreise die an diesen ekligen Geschäften verdienen ist anscheinend so gross, dass der bürgerliche, christliche und sozialdemokratische Bundesrat solche widerlichen Deals gutheisst. Gutheissen muss?
Das Bankgeheimnis (Kundenschutz) wurde seit Jahrzehnten als Steuervermeidung – Marketing umgesetzt! Finanzplatz Schweiz ein verlässlicher Partner! Das Geld (nicht getilgte Schulden Dritter) ist bekanntlich Macht und sucht Rendite! Da spielen ethische Grundsätze fast keine Rolle!
Empörung ist für mich schon fast scheinheilig, weil diese Art Machenschaften gehören doch auch zum System?
Welche Erkenntnisse man daraus ziehen kann sind darum je nach Einstellung, sehr unterschiedlich! Die Machtverhältnisse werden sicher nicht verschoben?