SVP: über die Monothematik zur Selbstkastration
Der Wahlkampf für die Schweizer Parlamentswahlen im Herbst 2011 ist mehrfach untersucht worden. Die Resultate von zwei Untersuchungen liegen bereits vor. Beide wissenschaftlich erarbeiteten Studien bestätigen, was man schon mutmasste: Die SVP hat überdreht – zum eigenen Schaden.
Inhalt statt Köpfe
Das Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern analysierte 3614 Inserate in 20 auflagestarken Tages- und Wochenzeitungen. Dabei stellte sie fest, dass die SVP zu einem viel höheren Grad als alle anderen Parteien mit politischem Inhalt für Stimmen geworben hat, nicht mit Köpfen von einzelnen Kandidaten. Das ist nicht zufällig. Erstens hat die SVP tatsächlich weniger als alle anderen Parteien (gute) Köpfe, zumindest kaum solche, derentwegen die Stimmbürger die SVP wählen würden. Aber sie hat ein politisches Thema, das ihr wie schon seit über zehn Jahren politischen Erfolg zu versprechen schien: die Einwanderung. – Die anderen Parteien machten vor allem für Köpfe Werbung. Es ging ja auch um Wahlen, und bei Wahlen wählt man Köpfe, denen man vertraut.
Unterschiedliche Bildungsschichten verhalten sich unterschiedlich
Die Selects-Studie des Lausanner Forschungsinstituts Fors fragte bei 4331 Personen nach, wie und warum sie so gewählt haben. Dabei kam sie zum Schluss, dass die SVP vor allem bei den Mittelschichten mit ihrer pointierten Fremdenfeindlichkeit Stimmen verloren hat. Oder genauer: Die Stimmen für die SVP aus den Schichten mit niedrigem Bildungsgrad blieben mehr oder weniger konstant. In den Schichten mit höherem Schulabschluss und/oder mit beruflicher Fachausbildung dagegen hat die SVP deutlich Stimmen verloren. Wähler mit höherer Ausbildung wählten auf der rechten Seite die FDP, auf der linken Seite die SP oder die Grünen. Aber auch die GLP konnte hier punkten.
Die SVP steckt im Dilemma
Betrachtet man beide Studien und versucht man daraus Rückschlüsse zu ziehen, dann kommt man fast zwangsweise zu folgendem Fazit:
Die Werbung mit Inhalt – konkret: mit Panikmache in Sachen Einwanderung und mit pauschalisierender Ausländer-Verunglimpfung – ist unabdingbar nötig, um die Massen der Wähler mit niedrigem Bildungsniveau zu erreichen und für die Wahlen zu mobilisieren. Diese Art der Werbung ist aber gleichzeitig die Barriere zur Erreichung der Wähler mit guter Schul- und Berufsausbildung. Von diesen Wählern verweigert die Mehrheit jegliche Unterstützung von SVP-Kandidaten, während sie im übrigen durchaus Kandidaten aus verschiedenen anderen Parteien zu unterstützen bereit ist. Höher ausgebildeten Wählern sind die Köpfe wichtiger, die im Parlament zur gegebenen Zeit dann auch intelligent argumentieren und abstimmen sollen.
Politik ist nie monothematisch
Politik beschäftigt sich per definitionem mit menschlichem Zusammensein, mit Wertvorstellungen und gemeinverbindlichen Regelungen. In einer hochentwickelten, mehr und mehr individualistischen Welt ist Politik deshalb äusserst komplex. Wer gesellschaftliche Probleme oder gar Missstände auf eine einzige Ursache reduziert, simplifizierend nach Schuldigen sucht statt nach Lösungen und ensprechend monothematisch argumentiert und ebenso monothematisch um Wähler wirbt, limitiert gleichzeitig das eigene Wählerpotenzial. Kopflose kennen den Wert des Kopfes kaum. Klügere Köpfe dagegen halten nach vertrauenswürdigen Köpfen Ausschau, denn sie wissen, was so ein cleveres Köpfchen zu leisten imstande ist.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Wer Politikern Glauben schenkt, muss den Verstand verloren haben! Wenn ich mir die Aussagen vorallem der Bundesparlamentarier anhöre, frage ich mich meistens woher sie ihre Meinung nehmen. Die Feststellung kommt auf den Fuss, dass es in aller Regel ihre ideologischen Einflüsterer und Lobbysten sind. Man untersuche einmal die Energiedebatte und analysiere die Aussagen der Politiker auf klare Fakten, wird man unschwer feststellen das viel warme Luft produziert wird. Schlimmer noch! Im Einzelfall sind es abstruse Behauptungen. Also Leute. Konsultiert euren Verstand und schaut euch die Fakten in wissenschaftlichen Gremien an statt bei Interessenverbänden!