Rotgrüne Berner Regierung hebelt Demokratie aus
Der Bahnhof Bern ist der am zweitstärksten frequentierte der Schweiz. Weil er an Kapazitätsgrenzen stösst, soll er ausgebaut werden. Geplant sind in einer ersten Etappe des Projekts Zukunft Bahnhof Bern (ZBB) ein neuer Tiefbahnhof für den Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) für 522 Millionen Franken sowie neue Zugänge, Unterführungen, Rolltreppen und Lifte für 345 Millionen.
Vor ein paar Tagen nun veröffentlichte die Berner Regierung eine Rahmenkreditvorlage für Investitionen in den Jahren 2014 bis 2017. Darin verpackt ist eine Vielzahl von Einzelprojekten. Erst auf Seite 25 des 45 Seiten umfassenden Dokuments kommt der grosse Brocken, also der Ausbau des Berner Bahnhofs.
Realität wird verdeckt
In dem Papier versteckt die Regierung unangenehme Wahrheiten. Die Kosten des ZBB-Projekts werden vermischt mit einem Wust von anderen Vorhaben in Jahrestranchen portioniert. So geht die diskret platzierte Grundannahme der Kostenrechnung unter: «Im Rahmenkredit sind zur Finanzierung des Kantonsanteils 300 Millionen eingestellt». Im Klartext: Die Regierung nimmt an, dass über 600 Millionen vom Bund bezahlt werden. Ihre Begründung: «Die ZBB-Projekte sind zur Mitfinanzierung des Bundes im Infrastrukturfonds angemeldet.» Und: «Da der Bahnhof Bern als zweitgrösster Knotenpunkt des Schweizer öV-Netzes eine grosse nationale und internationale Bedeutung hat, sind die Chancen für eine Beteiligung des Bundes sehr gut.» Dann räumt die Regierung aber doch noch ein: «Die konkreten Mitfinanzierungsquoten des Bundes für einzelne Projekte stehen noch nicht fest.»
SP-Regierungsrätin will keine Finanzdebatte
Am Freitag waren die Mitglieder der zuständigen Parlamentskommission von der Berner Verkehrsdirektorin Barbara Egger (sp) in den RBS-Bahnhof geladen. Teilnehmer berichten, sie habe bei dieser Gelegenheit massiv Druck auf die Grossräte ausgeübt. So verlangte sie, dass vor der Entscheidung des Grossen Rats über das ZBB-Projekt keine Finanzdebatte geführt werden und die Finanzkommission nicht eingeschaltet werden dürfe.
Die wesentliche Frage der Kosten für den Kanton ist gemäss Kommissionsmitgliedern offen geblieben. Die Kommission solle das Geschäft in ihrer nächsten Sitzung vom 22. Februar abschliessend behandeln, damit der Grosse Rat einen Monat später Ja sagen könne. Dieses Tempo mache eine seriöse Behandlung fast unmöglich, sagt ein bürgerliches Kommissionsmitglied. Man habe die Verkehrsdirektorin beauftragt, die Finanzierungsfrage noch vor dem 22. Februar zu klären.
Viele wollen Geld vom Bund
Dies dürfte schwierig werden: Der Infrastrukturfonds des Bundes, auf den der Kanton vor allem setzt, ist massiv überbucht. Es stehen 1,9 Milliarden Franken zur Verfügung. Alle schweizweit angemeldeten Projekte zusammen würden aber 20 Milliarden Franken kosten. Bundesstellen wollen sich nicht festlegen, lassen aber durchblicken, dass man nicht mehr überall mit Maximalbeiträgen des Bundes rechnen könne. Weil dem RBS-Bahnhof keine nationale Bedeutung zukommt, kann er kaum auf Sonderbehandlung zählen.
Referendum mit allen Mitteln vermeiden
Eingeweihte sehen hinter dem zeitlichen Druck auf das Parlament eine Strategie der Verkehrsdirektorin. Sie wolle das Projekt ohne kritische Fragen mit einem klaren Ja noch vor dem auf den April erwarteten Entscheiden des Bundesrates über die Verteilung der Infrastrukturbeiträge durchs Parlament bringen. Ein demonstrativ klares Bekenntnis des Parlaments soll es Kritikern unmöglich machen, ein Referendum zu ergreifen und der Bundesrat soll mit der Aussage konfrontiert sein, dass der ganze Kanton Bern das Bahnhofprojekt als existentielle Investition in seine Zukunft und in den öffentlichen Verkehr sehe. Wenn das Parlament jetzt Ja sagt, sollen Fakten geschaffen werden, die eine Meinungsänderung erschweren, wenn das Projekt für den Kanton sich später doch als teurer erweisen sollte.
Barbara Egger steht vor der Schlussphase in einem jahrelangen Kampf für den RBS-Bahnhof. 2008 hatte Bundesbern eine Zweitmeinung verlangt, 2009 bezeichnete ein ETH-Gutachten das Kosten-Nutzen-Verhältnis als inakzeptabel. Aber die Verkehrsdirektorin liess ihr Projekt nicht fallen. Das heute vorliegende Projekt entspricht in der ersten Etappe weitgehend dem Plan, der 2009 schon gestorben schien. An einer Medienkonferenz im Dezember hatte Barbara Egger erklärt, sie verfüge über beste Beziehung zu höchsten Stellen in Bundesbern. Es steht in den Sternen, ob ein Draht zu Doris Leuthard dem Kanton Bern das nötige Bundesgeld für den teuren Tiefbahnhof bringen könnte.
Für eine Stellungnahme stand Regierungsrätin Egger nicht zur Verfügung.
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Siehe auch «Der neue Bahnhof Bern – wer soll das bezahlen?» vom 18.12.2012
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Dieses Projekt, das RR Egger wieder besseres Wissen durchboxen will, muss unbegingt verhindert werden. Finanzierungsdruck ist kein Sachargument. Eine bessere Alternative liegt seit 2008 vor und zwar in Form eines gemeinsamen Tiefbahnhofes SBB/RBS parallel mit Erweiterungsmöglichkeit Richtung Westen/Inselspital.
Da zu unbedingt folgende Info, welche den Sachverhalt verdeutlichen, beiziehen:
3 Artikell in SER, Schweiz. Eisenbahn-Revue, Minirex-Verlag, Luzern
08/2009: Berner Tiefbahnhof in der Kritik
04/2010: Welcher Ausbau für den Bahnhof Bern?
02/2011: Kein SBB-Tiefbahnhof für Bern
Gegen die aktuelle Vorlage muss unbedingt das Referendum ergriffen werden, damit das Volk die Vorlage von RR Egger ablehnen kann.